Nun ist es schon über sechs Wochen her, als ich mich von
meinem Praktikumsbetrieb, den Stirling Council Libraries, und meinem Gastland
Schottland verabschieden musste. Die Zeit verging wie im Flug und trotz des
ständigen Regens war es doch ein durchaus gelungener Sommer. Abschließend möchte ich noch einmal genauer
berichten, wie es mir in dieser Zeit erging und vor allem auch, was ich lernen
konnte und wie überhaupt die ganzen Vorbereitungen abgelaufen sind. Ich hoffe,
andere interessierte, junge Menschen nehmen sich einige Anregungen mit und
eventuelle Unsicherheiten und Ängste können beseitigt werden.
Wie bereits erwähnt, erfuhr ich schon vor Ausbildungsbeginn,
dass ein Auslandsaufenthalt in Form eines fachbezogenen Auslandspraktikums mit
Stipendium möglich ist. Die Website des Oberstufenzentrums
Louise-Schroeder-Schule informiert umfassend darüber und leitet auch zu Blogs von
Auszubildenden weiter, die ihre täglichen Erlebnisse während des
Auslandspraktikums aufgezeichnet haben. Damit konnte ich ein Gefühl dafür
bekommen und auch einige Tipps für mich behalten. Genauere Informationen erhielt
ich dann am OSZ, bei Infoveranstaltungen und Gesprächen mit den zuständigen Lehrern.
Da ich noch nie im Ausland gearbeitet habe, hatte das Angebot für mich einen
großen Reiz und der Mindestzeitraum von acht Wochen war für mich perfekt, denn
ehrlich gesagt bin ich kein Mensch der sich gerne gleich ein ganzes Jahr lang
ins Ungewisse stürzt. Für „Anfänger“ und für „heimatverbundene Herzen“ ist das
also problemlos machbar. Und schließlich
wird man auch nicht irgendwo hingeschickt. Man hat die Möglichkeit, das Land
(europaweit) und auch den Praktikumsbetrieb frei zu wählen. Dass ich nach
Schottland gehen würde, stand für mich schon von Anfang an fest, erst einmal,
weil ich in ein englischsprachiges Land gehen wollte und zweitens, weil ich
dieses Land schon durch einen früheren Aufenthalt kennengelernt hatte und es
mir sehr gut gefiel. Damit ich aber nicht jede einzelne schottische Bibliothek
anschreiben muss, schaute ich in den Praktikumsberichten vorheriger
Praktikanten nach, die auf der Website des OSZ bereitgestellt sind. So konnte ich mir auch
ein Bild von den potenziellen Praktikumsbetrieben und meinen möglichen Aufgaben
machen. Dabei entschied ich mich für einen Favoriten – die Stirling Council
Libraries – und erhielt kurz nach der Bewerbung via E-Mail eine Zusage.
Nun ging es an die Vorbereitung. Zwar haben wir
FaMi-Auszubildenden fachbezogenen Englischunterricht, trotzdem entschloss ich mich dazu,
vorher noch für ein halbes Jahr einen „English Conversation“ Kurs an der
Volkshochschule Potsdam zu absolvieren, um mich im Sprechen etwas sicherer zu
fühlen. Zusätzlich integrierte ich das Englischsprachige auch in meine
Freizeit, wie z.B. bei Büchern oder Filmen. Als sehr wichtig empfand ich auch das
Lesen von Reiseführern und Reiseberichten im Internet, von denen man sich
wertvolle Ratschläge holen kann. Zu empfehlen wären die „Gebrauchsanweisung für
Schottland“ von Heinz Ohff und der Stefan Loose Reiseführer „Schottland“ von Matthias
Eickhoff, der eine erstklassige Unterstützung für das selbstständige Reisen
darstellte. Auch von schulischer Seite aus erhielten wir tatkräftige Unterstützung zur interkulturellen Vorbeireitung. So hielten wir eine Referatsstunde, in der jeder über ein frei wählbares Thema im Bezug zu seinem Gastland reden durfte. Bei einem Treffen mit einem brasilianischen Schauspieler konnten wir uns mit unseren Zielen, Wünschen und Ängsten auseinandersetzen und uns gegenseitig darüber austauschen.
Gerade für die weiblichen Wesen unter uns sollte das Thema
Koffer packen und die große Frage „Was nehme ich eigentlich mit, was werde ich
brauchen?“ einen leichten Anflug von Panik auslösen und die ersten Nerven
rauben. Die beruhigende Antwort: In jedem europäischen Land kann man sich mit
Kleidung, Nahrung, Medikamenten (in Großbritannien sogar günstiger), usw.
eindecken, wenn man an das nötige Kleingeld in der Tasche hat. Wer aber
trotzdem eine kleine Hilfestellung möchte, kann sich hier eine Liste ausdrucken
und die Sachen, die bereits im Koffer liegen, einfach abhaken – sehr praktisch:
http://www.urlaubs-checkliste.de/
Außerdem
sollte man ein kleines Gastgeschenk für die Praxisanleiterin und die neuen
Kollegen nicht vergessen (deutsche Schokolade kommt immer gut an).
Zur Wohnungssuche sollte man zu allererst den zukünftigen
Betrieb zwecks einer Unterkunft befragen. Ansonsten gibt es noch einige
Internetseiten, auf denen man sich kostenlos anmelden und eine Wohnung oder
Wohngemeinschaft suchen kann (www.gumtree.com oder www.easyroommate.com). Auch
lohnt sich ein Fragen nach Wohnheimplätzen bei der nächsten Universität. Ich
persönlich bevorzugte eine große WG im Herzen von Stirlings Altstadt.
Ist das alles geschafft, sitzt man plötzlich im Flieger und
ist schon auf dem Weg in das Abenteuer.
An
meinem ersten Arbeitstag erstellte ich mit meiner Praxisanleiterin vor Ort
einen Einsatz- und Arbeitsplan, um auf meine individuellen Wünsche und Interessen
einzugehen und mir einen
Einblick in die verschiedenen Abteilungen einer Bibliothek zu
ermöglichen.
Hauptsächlich
arbeitete ich
in der Benutzungsabteilung in den Fahr- und Stadtbibliotheken, um dort
Bibliotheksbesucher zu betreuen und zu beraten, Medien zu verbuchen (Ausleihe
und Rückgabe) und den Bestand zu verwalten (Einstellen, Feinsortieren,
Aussteller erneuern, Medien makulieren). Dabei lernte ich das
Bibliothekssystem Evergreen und einen Online-Informationsdienst für
Bibliotheksmitarbeiter (fantasticfiction.com) kennen. Vergleiche zur
gewohnten Arbeit in der Lese- und Leserförderung
konnte ich
bei der Vorbereitung und Durchführung von Kinderlesestunden und Buchclubs
für Erwachsene ziehen und mir neue Anregungen für die Gestaltung dieser holen. Des
Weiteren war ich auch in der Erwerbungsabteilung aktiv. Zu meinen Aufgaben hier
gehörten das Auspacken und das Kontrollieren von Lieferungen, sowie auch das
Katalogisieren von Büchern. Außerdem durfte ich auch bei einer
ganztägigen Sitzung zur Neuerwerbungsauswahl teilnehmen. Die Arbeit in der Erwerbungsabteilung
stellte für mich
eine ganz neue Arbeit dar, da ich in meinem Ausbildungsbetrieb noch
nicht die Möglichkeit hatte in diesem Bereich zu arbeiten. Auch mit der Indexierung von alten Landkarten
und die Benutzung von Mikrofilm wurde ich zum ersten Mal vertraut gemacht.
Durch auswärtige Besuche, wie z.B. in
den Stirling Council Archives, den Büros der Organisation Breast Cancer Care Scotland und der
Bibliothek von Scottish TV konnte ich weitere, mögliche Arbeitsplätze sehen
und die unterschiedlichsten Aufgabengebiete eines FaMIs kennenlernen.
Wegen des
ständigen Kontakts zu Mitarbeitern und Kunden, habe ich nicht nur meine Sprachfertigkeiten
in Englisch verbessern, sondern auch die kulturellen Eigenschaften des Gastlandes
kennenlernen können. Ich habe das Gefühl, dass das Arbeiten und Zusammenleben mit Menschen
einer anderen Nationalität meine Sozialkompetenz, zum Beispiel das Verständnis für Menschen anderer Nationen enorm steigerte.
In meiner Freizeit unternahm ich regelmäßig Ausflüge, über die
ich hier bereits genauer berichtet habe. Mein Hauptaugenmerk lag dabei auf
dem historischen Schottland. Daher besuchte ich zahlreiche historische Stätten wie Burgen,
Schlösser, Kirchen, Klöster und Museen in Edinburgh, Glasgow, St. Andrews,
Perth/Scone, Invararay, Doune und natürlich in und um Stirling. Oft wird
bei Besuchen von Museen, Schlösser u.ä. ein Studentenrabatt geboten. Für eine
kleine Gebühr kann man sich auf www.isic.de einen internationalen Studentenausweis
ausstellen lassen. Landschaftliche
Entdeckungen kann man
auf der Isle auf Skye, sowie bei einem geführten Ausflug mit Wanderung in den
Highlands und rund um Loch Ness und Loch Lomond im Trossachs National Park
machen. Wer noch ein wenig Geld übrig hat und die Ausflüge nicht selber
organisieren möchte, kann eine geführte Reise durch Schottlands Wildnis über
Rabbis (http://www.rabbies.com) buchen.